Eine kleine Geschichte des Lebens

Ich will euch heute mal eine kleine Geschichte erzählen.

Sie beginnt am 04. Mai 1982 kurz nach Mitternacht, mein Vater war gerade beim Nachbarn beim Kartenspielen (ich glaub „Schnapsn“ war´s, aber das ist eigentlich unwichtig), da kommt plötzlich meine Mutter zu ihm und drängt ihn das Spiel zu beenden, scheinbar hatte ich beschlossen geboren zu werden.

Im Krankenhaus angekommen, hatte ich mir dann doch noch ein paar Stunden Zeit genommen, wohl zu lang für den Geburtshelfer, der meine Ankunft auf diesem Planeten wohl nicht erwarten konnte, er beging einen Fehler, der mir in den nächsten 16 Jahren 22 Mal den Besuch einer solchen „Institution zum Gesundwerden“ beschert hat, ich habe in diesen Jahren eines gelernt nämlich, dass Angst ein verdammt schlechter Berater ist.

Die Zeit meiner Jugend war ich durch diese Operationen logischerweise des Öfteren abwesend, bin ob meiner Narben, dem in der Kindheit etwas zu groß geratenen Kopf, oder schlichtweg wegen des Namens meiner Krankheit dem im Lateinischen als hydrocephalus bekannten „Wasserkopf“ gehänselt worden, meine Mutter hat mir damals jedoch einen Satz mit auf den Weg gegeben, den ich bei solchen Hänseleien den anderen „an deren Kopf werfen sollte“.

„Mach du erstmal das durch, was ich schon durchgemacht habe, dann reden wir weiter“, klar das hilft bei 12-jährigen pubertierenden Jungs nicht, aber es hat mir geholfen, da ich mir selbst einfach gesagt habe: „Die haben keine Ahnung, verstehen es nicht, also lass sie reden.“

Warum erzähle ich euch das jetzt?

Weil es nichts anderes ist als eine Diskriminierung und wenn ich sehe aus welchen absolut belanglosen Gründen heutzutage scheinbar erwachsene Menschen andere diskriminieren, sei es die Hautfarbe, eine Krankheit, eine Staatszugehörigkeit welche nicht die eigene ist, oder schlichtweg der Glaube, der ein anderer ist als der eigene, dann wird mir immer mehr klar wie wichtig der Satz meiner Mutter damals war, denn ein bisschen umgewandelt würde er lauten: „Versetz dich mal in meine Lage, dann reden wir weiter“ und das sollten Erwachsene doch wohl besser hinbekommen, als pubertierende 12-Jährige.

Angst vor etwas Fremden ist tatsächlich ein sehr schlechter Berater, denn es grenzt uns voneinander ab und lässt uns nicht die Möglichkeit miteinander etwas zu erleben oder voneinander zu lernen, ich bin sehr froh darüber mit einigen die mir damals den Alltag nicht ganz so leicht gemacht haben, heute ein gutes Verhältnis zu haben, oder zumindest den einen oder anderen Scherz teilen zu können, mein Fazit aus den letzten 34 Jahren (und meine Ärzte meinten damals glatt: „der wird keine 20“ ‚ällabätsch‘), man darf sich selbst nicht zu ernst nehmen und muss dem Gegenüber auch mal einräumen Fehler zu machen und diese verzeihen lernen, ich bin schlussendlich froh darüber, diesen ungeduldigen Geburtshelfer „erwischt zu haben“, denn ohne ihn hätte ich einige Erfahrungen in meinem Leben nicht gemacht und wäre heute nicht der, der ich heute bin, jemand der verzeihen kann und jemand der nicht davor zurückschreckt auch einmal neues entdecken zu wollen.

Menschen die heute noch über körperliche Unzulänglichkeiten anderer spotten, selbst wenn diese Menschen sich als „erwachsen“ bezeichnen können, kann ich nur den Satz meiner Mutter ans Herz legen. „Mach das doch erst mal selbst durch, dann reden wir weiter“.

Ich wünsche euch einen schönen Sonntag!

Andreas

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